Wie Vertriebschefs ihre Key Account Manager entwickeln

Schlüsselkunden zu bearbeiten ist herausfordernd – nicht nur für die Key Account Manager. Denn ihren Chefs, den Vertriebsverantwortlichen, kommt heute eine Schlüsselrolle für den Erfolg des Key Account Managements zu.

Die Aufgaben von Key Account Managern wurden bereits unter „normalen“ Bedingungen immer anspruchsvoller. Die mit der Corona-Pandemie einhergehenden vielfältigen Kontaktbeschränkungen und der vielerorts festzustellende tiefgreifende Wandel hin zu digitalen Lösungen in Beschaffung und Einkauf verändern die Art und Weise, wie Key Account Manager interne und externe Netzwerke aufbauen und pflegen zusätzlich. Vorgesetzten stellt sich die Frage, wie sie ihre Key Account Manager in diesem herausfordernden Umfeld wirkungsvoll führen können.

Fach-, Sozial- oder Verkaufskompetenz?

Erfolgreiche Key Account Manager, die als ehemalige Vertriebsingenieure echte Maschinenbau-Profis waren, verdanken ihren Erfolg zum Großteil einem ausgezeichneten Fachwissen, wie in verschiedenen wissenschaftlichen Projekten (zum Beispiel an der Universität St. Gallen) ermittelt wurde. Gleichermaßen waren Key Account Manager im Pharmabereich, die über nahezu kein pharmakologisches Fachwissen verfügten dennoch hochgradig erfolgreich. Sie verdankten ihren Erfolg ihrem Sinn für wichtige Prozessinnovationen bei Schlüsselkunden oder ihrem privilegierten Zugang zu Aufsichtsbehörden, die sie ihren Ansprechpartnern vermittelten.

Die Frage nach der nötigen Kompetenz lässt sich demnach nicht allgemeingültig beantworten. Führungskräfte sollten zunächst ein feines Gespür für Branche, Kunden und spezifische Situationen entwickeln, um die Frage zu beantworten, wie viel Fachkompetenz ihre Key Account Manager benötigen. Darüber hinaus gibt es allerdings sehr wohl Fähigkeiten, die branchenübergreifend als erfolgsentscheidend gelten. Effektive Vertriebsführungsarbeit setzt an der Weiterentwicklung dieser zentralen Fähigkeiten an:

  • Kundenkompetenz ist die Fähigkeit, sich schnell und umfassend ein Bild über den Schlüsselkunden zu machen, tragfähige Beziehungen zum Schlüsselkunden – verstärkt auch hybrid über virtuelle Kanäle – zu etablieren und diese systematisch zum Wohl des Kunden und zum Erfolg des eigenen Unternehmens zu nutzen. Dabei spielen analytische, strategische und methodische Fähigkeiten des operativen Key Account Managements eine wichtige Rolle.
  • Führungskompetenz meint die Fähigkeit, Kollegen, Mitarbeiter und Vorgesetzte so zu beeinflussen, dass sie sich für die Geschäftsbeziehung und den Erfolg mit dem Schlüsselkunden einsetzen. Dies geschieht oft durch Bilden eines – meist virtuellen – Teams von Kollegen und das Führen (meist) ohne disziplinarische Weisungsbefugnis.
  • Selbstkompetenz beinhaltet die Fähigkeit, Wesentliches zu erkennen und zu priorisieren, Entscheidungen zu treffen, ins Handeln zu kommen, Verantwortung zu übernehmen und die eigenen Ressourcen effektiv und effizient einzusetzen, um Energie und Motivation dauerhaft hochzuhalten.

Key Account Manager wirkungsvoll führen

Gerade in unsicheren Zeiten wird Führung zu einem wichtigen Erfolgshebel. Gute Führung gibt Orientierung, vermittelt Sicherheit, setzt Anreize, schafft Verständnis, inspiriert und gibt Impulse. Herausfordernd für die Vertriebs-, Verkaufs- oder Key-Account-Management-Leitung ist, dass die Mannschaft der Key Account Manager oft heterogen ist. Jeder Werdegang ist spezifisch und die Fähigkeiten unterscheiden sich stark. Entsprechend braucht auch jeder Key Account Manager eine andere Unterstützung für seine kundenindividuellen Projekte.

Zudem ist die Zahl der Key Account Manager selbst in Großunternehmen meistens klein. Oft sind nur drei, vier oder fünf Key Account Manager weltweit an verschiedenen Orten aktiv. Gemeinsame Schulungen oder übergreifende Anweisungen bleiben auch in Zeiten von Zoom, MS Teams oder Webex-Meetings wegen der spezifischen Ansprüche und Gegebenheiten individueller Anbieter-Kunden-Beziehungen anspruchsvoll.

Bewusste, individuelle, situative Führung

In vielen klassischen Vertriebsorganisationen dominiert oft ein auf disziplinarischer Weisungsbefugnis basierender und mit Sanktions- und Belohnungspotenzialen ausgestatteter transaktionaler Führungsansatz. Beim international erfolgreichen Befestigungs- und Montagetechnik-Händler Würth etwa fahren noch immer die Verkäufer mit den höchsten Umsätzen die schicksten Dienstwägen. Vorgaben für die Besuchsanzahl oder die Kontrolle von Cold-Calling-Aktivitäten gelten im klassischen Außendienst nach wie vor als erfolgsversprechend. Für die Mehrzahl hochgebildeter Key Account Manager greift in einer Zeit des digitalen Wandels und veränderter Ansprüche einer neuen Generation von Mitarbeitern der transaktionale Führungsansatz zu kurz. Er schränkt den Gestaltungswillen der Geführten ein. Wollen Vorgesetzte „Gestalter“ statt „Sachbearbeiter“ als Key Account Manager, sollten sie sich weniger auf ihre disziplinarische Weisungsbefugnis berufen. Vielmehr gilt es, eine Vorbildrolle einzunehmen, um Gefolgschaft zu erhalten. Auch geht es darum, unter schwierigen Bedingungen Zuversicht und Begeisterung zu verströmen und neue Perspektiven zu vermitteln. Spüren Key Account Manager die Unterstützung ihres Vorgesetzten als Coach, bewegen sie sich schneller aus Komfortzonen, lassen sich verstärkt auf Neues ein und entwickeln das Verlangen, sich neue Fähigkeiten anzueignen.

Ein solcher transformationaler Führungsansatz hängt eng mit dem persönlichen Verhalten von Vorgesetzten zusammen. Führungskräfte im Key Account Management sollten immer wieder versuchen, ihren Führungsstil bewusst zu gestalten. Die folgenden vier Determinanten können als Hinweis für einen individuell zu bestimmenden und situativ eingesetzten Führungsstil dienen:

  • Unternehmenskultur: Bei traditionellen Großunternehmen mögen disziplinarische Führungselemente besser passen als bei einem Unternehmen mit einer ausgeprägten Start-up-, Shared-Economy- oder Shared-Leadership-Kultur.
  • Konkrete Situation: In einer Krise braucht es oft schnelle, klare Anweisungen, das heißt, transaktionale Führungselemente. Auch bedingen kundenspezifische Verkaufsförderungsaktionen gegen Geschäftsjahresende das konsequente Erarbeiten eines Key-Account-Plan-Dokuments. Der Anspruch, Preiserhöhungen bei Key Accounts durchzusetzen, erfordert ferner Vorgaben und Kontrollen.
  • Persönlichkeit der Key Account Manager: Menschen ticken unterschiedlich. Key Account Manager vom Typus Korrekte, die über einen hohen Grad an Selbstdisziplin und Zuverlässigkeit verfügen, brauchen Orientierung und klare Vorgaben. Sie sind transaktionalen Führungselementen gegenüber häufig offener. Key Account Manager vom Typus Begeisterer, mit einem hohen Grad an Selbstmotivation und Freude am Beziehungsaufbau, entfalten sich demgegenüber besser, wenn sie transformational geführt werden und sich „an der langen Leine“ fühlen.
  • Persönlichkeit des Führenden: Authentizität ist für den Aufbau von Vertrauen wesentlich. Wenngleich unterschiedliche Situationen eine Anpassung des Führungsstils erfordern, macht es wenig Sinn, sich zu verstellen oder mit seinem Führungsverhalten die eigenen Werte und Überzeugungen zu verraten.

Adäquate wirkungsvolle Führung wird zum entscheidenden Faktor für den Vertriebserfolg der Zukunft. Key Account Mananagement und traditioneller Verkauf benötigen differenzierte Führungsansätze. Vertriebsführungskräfte sind gut beraten, wenn sie ihr eigenes Führungsverhalten gelegentlich reflektieren, auf die spezifische Situation ihrer Key Account Manager abstimmen und sich selbst bewusst weiterentwickeln.

Der Text ist am 18.04.2021 als Titelstory "Die Kernkompetenzen erkennen und weiterentwickeln" in der renommierten deutschen Fachpublikation "Sales Excellence", Nr. 4|2021, S. 42-44 erschienen.

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